Kurze Zusammenfassung
In diesem Gespräch mit Apollo News analysiert Fritz Fahrenholt, Klimaexperte und ehemaliger Umweltsenator von Hamburg, den kürzlichen Bürgerentscheid, der Hamburg bis 2040 klimaneutral machen soll. Er kritisiert die Entscheidung als realitätsfern und schädlich für die Industrie und die Bürger der Stadt. Fahrenholt bemängelt das Versagen der SPD-Führung, insbesondere des Bürgermeisters, und sieht darin einen Verrat an den Interessen der Arbeiter und Mieter. Er fordert eine Kurskorrektur in der SPD und warnt vor den negativen Folgen für Arbeitsplätze und Lebensqualität in Hamburg.
- Der Bürgerentscheid zur Klimaneutralität Hamburgs bis 2040 wird als "Katastrophe" bezeichnet.
- Es wird kritisiert, dass die SPD-Führung unter Bürgermeister Tschentscher versagt hat, die Interessen der Arbeiter und Mieter zu vertreten.
- Es wird vor massiven Mietsteigerungen und dem Verlust von Industriearbeitsplätzen gewarnt.
Die Katastrophe des Bürgerentscheids
Fritz Fahrenholt bezeichnet den Bürgerentscheid, der Hamburg bis 2040 klimaneutral machen soll, als "Katastrophe". Er kritisiert, dass nur 23 % der Wahlberechtigten entschieden haben, dass die größte Industriestadt Deutschlands ab 2040 kein CO2 mehr ausstoßen soll. Dies würde das Ende von dieselbetriebenen Containerschiffen, der Produktion von Aluminium, Kupfer und Stahl, die Stilllegung der Raffinerie sowie das Verbot von Gas- und Ölheizungen und von Fahrten mit Benzin- und Dieselfahrzeugen bedeuten. Zudem warnt er vor massiven Mietsteigerungen von etwa 350 € pro Monat für eine durchschnittliche Wohnung, um die Klimaneutralität zu erreichen.
Die Sinnlosigkeit der Hamburger Klimapolitik
Fahrenholt argumentiert, dass die Hamburger Klimapolitik wirkungslos ist, da die eingesparten Emissionen lediglich anderswo auf der Welt freigesetzt würden. Hamburg mache nur 0,001 % der weltweiten Emissionen aus, und selbst die Einsparungen Deutschlands oder Europas hätten kaum Einfluss auf das globale Klima. Stattdessen würden die Maßnahmen lediglich dazu führen, dass Arbeitsplätze in der Industrie verloren gehen und die Produktion in andere Länder verlagert wird, wo sie kostengünstiger ist. Er verweist auf einen Bericht vor der Weltklimakonferenz in Brasilien, der besagt, dass die Welt in den nächsten Jahren mehr Gas, Öl und Kohle verbrennen wird, was die Sinnlosigkeit der Hamburger Bemühungen unterstreicht.
Das Versagen der SPD und die Forderung nach Rücktritt
Fahrenholt kritisiert die Rolle der SPD in Hamburg, insbesondere das Verhalten des Bürgermeisters Tschentscher, der sich in dieser Schicksalsfrage weggeduckt habe. Er bemängelt, dass es keine kritische Stellungnahme von ihm gab und wirft ihm vor, die Klappe gehalten zu haben, weil er und große Teile der SPD von der grünen Transformation überzeugt seien. Er fordert den Rücktritt des Bürgermeisters, da dieser in einer so wichtigen Frage für zehntausende Arbeiter, Angestellte und Mieter versagt habe. Fahrenholt betont, dass das Ergebnis des Bürgerentscheids sehr knapp war und dass eine andere Haltung des Bürgermeisters das Ergebnis hätte beeinflussen können.
Die Gesetzeskraft des Bürgerentscheids und die drohenden Konsequenzen
Fahrenholt erklärt, dass der Bürgerentscheid im Gegensatz zu Stadtratsbeschlüssen anderer Städte Gesetzeskraft hat und umgesetzt werden muss. Der Gesetzentwurf sieht die Schaffung von 200 neuen Stellen zur Kontrolle der Umsetzung vor. Er warnt vor weiteren Maßnahmen wie Sonntagsfahrverboten, Tempo 30 auf allen Straßen und Heizungsverboten, die in den nächsten Jahren kommen werden. Er ist jedoch überzeugt, dass es einen fundamentalen Rollback geben wird, sobald die Bürger die negativen Auswirkungen auf ihren Wohlstand erfahren.
Die treibenden Kräfte hinter dem Bürgerentscheid und die Rolle der Industrie
Fahrenholt erklärt, dass die Industriearbeiter bei dem Bürgerentscheid mehr oder weniger zu Hause geblieben sind, da sie dachten, es gehe um nichts. Die Industrie habe zwar gewarnt, dass die Entscheidung Arbeitsplätze kostet, aber die Informationen seien nicht ausreichend verbreitet worden. Er betont, dass Unternehmen wie Aurubis, in deren Aufsichtsrat er sitzt, Investitionsentscheidungen davon abhängig machen, wo die Produktion am günstigsten ist. Wenn in Hamburg nach 15 Jahren die Stilllegung von Anlagen droht, werden Investitionen eher an anderen Standorten getätigt.
Die grüne Transformation und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie
Fahrenholt räumt ein, dass Aurubis sich der grünen Transformation stellen möchte, betont aber, dass dies nicht alleine funktionieren kann. Wenn Deutschland oder Europa alleine vorgehen, wird dies die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie beeinträchtigen, da sie mit Unternehmen aus anderen Ländern konkurrieren, die weniger strenge Umweltauflagen haben. Er verweist auf die chinesische Kupferproduktion, die überwiegend auf Kohlebasis erfolgt und deutlich höhere Emissionen verursacht als die Erdgas-basierte Produktion in Deutschland. Er ist jedoch zuversichtlich, dass der Beschluss zur Klimaneutralität in Hamburg keinen Bestand haben wird, auch wenn unklar ist, wann er wieder kassiert wird.
Die Entwicklung der SPD und die Vernachlässigung der Arbeiterinteressen
Fahrenholt erklärt, dass sich die Mitgliederstruktur der SPD verändert hat und die Industriearbeiterschaft nicht mehr in der Partei organisiert ist und sich dort nicht mehr vertreten fühlt. Stattdessen dominieren junge Studenten und Menschen, die von der Arbeit anderer leben. Er ist überzeugt, dass die SPD bei einer anderen politischen Ausrichtung, die den Arbeitsplatz und den Wohlstand der eigenen Leute in den Mittelpunkt stellt, bessere Wahlergebnisse erzielen würde. Er wirft der SPD vor, die Interessen der Industriearbeiterschaft unter das Klimadiktat zu setzen, und verweist auf die Automobildiskussion und das Festhalten am Verbrennerverbot.
Die Zukunft der SPD in Hamburg und die Notwendigkeit einer Kurskorrektur
Fahrenholt betont, dass die SPD in Hamburg in der Vergangenheit ein Bündnis zwischen Arbeiterklasse und Industrie gepflegt hat, das auf Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand basierte. Diese proindustrielle Prohafen-SPD habe sich jedoch strukturell verändert und sich nicht dazu durchgerungen, gegen den Angriff auf die Arbeitsplätze in Hamburg zu kämpfen. Er kritisiert auch die CDU, die es versäumt habe, die Bevölkerung über die drohenden Konsequenzen des Bürgerentscheids aufzuklären. Er ist überzeugt, dass eine klare Kommunikation über die zu erwartenden Mieterhöhungen das Ergebnis des Bürgerentscheids hätte beeinflussen können.